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Sehr geehrter Herr Ritsch,
sehr geehrte Frau Meyer zur Capellen,
sehr geehrter Herr Pipic,
sehr geehrter Herr Zervos,
sehr geehrte weitere Verantwortliche,
als ZDFneo 2009 entstand, benannte Norbert Himmler die Sender-Zielgruppe als Zuschauer*innen, die mehr vom Fernsehen erwarten als sie gerade bekommen.
Als Teil dieser Personengruppe bitte ich Sie dringend darum, Ihre Entscheidung zum Absetzen von Breaking Even zu überdenken und zu revidieren.
Eine deutsche Serie mit einer darkskinned Schwarzen Frau (Lorna Ishema) in einer nicht stereotypen Hauptrolle und einer allgemein selbstverständlichen Miteinbeziehung von BIPoC in verschiedene Handlungsstränge, die nicht Rassismus zum Hauptthema haben, gab es in dieser Form bisher nicht. Sie ist ein großer Fortschritt für das deutsche Fernsehen und sollte schon allein deswegen deutlich mehr Chancen bekommen, ein breiteres Publikum zu erreichen.
Auf Twitter und Instagram ist inzwischen der Hashtag #SaveBreakingEven entstanden.
Die Tweets, die bisher darunter geschrieben wurden, zeigen vor allem zwei Dinge sehr deutlich:
Erstens, dass die Serie nicht ausreichend beworben wurde und die Zielgruppe bisher nicht erreicht hatte. Auch Leute, die regelmäßig lineares deutsches Fernsehen und ZDFneo schauen, hatten davon nichts mitbekommen oder nur einen einzigen Werbespot dafür gesehen.
Zweitens veranschaulichen die Tweets die Bedeutung der Serie - und auch die Tragweite Ihrer Entscheidung - für die deutschsprachige Schwarze Community.
So schrieben zum Beispiel mehrere Schwarze Nutzerinnen, dass Breaking Even die erste Serie war, in der sie eine Schwarze Familie im deutschen Fernsehen beim Abendessen gesehen haben.
Weiterhin bestätigte sich ein Mal mehr, dass Leute, wenn sie denn endlich von der Existenz der Serie erfahren, sofort von der Handlung in Bann gezogen werden und eine Fortsetzung mit der Auflösung des Cliffhangers fordern.
§5 Abs. 1 des ZDF-Staatsvertrags in der Fassung vom 7. November 2020 sieht vor, dass in Sendungen ein "umfassendes Bild der deutschen Wirklichkeit" vermittelt werden soll. Das muss, wie auch §5 Abs. 3 festlegt, nach dem die kulturelle Vielfalt Deutschlands angemessen darzustellen und auf ein diskriminierunsgsfreies Miteinander hinzuwirken ist, zwingend auch beinhalten, Schwarze Personen, PoC und Menschen aus anderen marginalisierten Gruppen selbstverständlich in unterschiedlichen Lebenssituationen und -bereichen abzubilden.
Mit Breaking Even haben Sie angefangen, auf dieses Ziel hinzuarbeiten, doch es kann nicht erreicht werden, wenn Sie diese und ähnliche Serien nach nur 6 Folgen direkt wieder absetzen.
„Diversität“ ist nicht nur ein Schlagwort, das eingeworfen werden kann, wenn es gerade passt. Um die angemessene Repräsentation aller Bevölkerungsgruppen zu fördern und zu stärken, müssen Sie sich für Formate, in denen der (Haupt-)Fokus auf Menschen liegt, die nicht der „Mehrheitsgesellschaft“ angehören, besonders stark machen, sie schützen und stärker bewerben.
Dass Breaking Even nicht ausreichend beworben wurde, zeugt nicht nur von fehlendem Verständnis für die eigene Zielgruppe, sondern auch von mangelndem Vertrauen in die Schwarze Hauptrolle.
Es ist kein Geheimnis, dass das Durchschnittsalter der Personen, die ZDFneo aktuell hauptsächlich schauen, weit über dem liegt, was ursprünglich als Zielgruppe gedacht war, und es liegt in der Natur der Sache, dass alte, weiße Männer nicht vorrangig eine Serie schauen werden, in der der Fokus auf einer jungen Schwarzen Frau liegt, die noch dazu bereits nach einigen Minuten in der ersten Folge subtil unter Beweis stellt, dass sie ihnen haushoch überlegen ist. Auf bloße Einschaltquoten wird die Dominanzgesellschaft immer mehr Einfluss haben als Menschen aus marginalisierten Gruppen.
Sich daran zu orientieren, kann somit unter keinen Umständen ein progressiver Ansatz sein - erst recht nicht als öffentlich-rechtlicher Sender und insbesondere, wenn es um eine Serie geht, deren erste Staffel nur aus 6 Folgen zwischen 41 und 48 Minuten besteht.
Nadine Bilke als Programmchefin betonte vor 2 Jahren die Wichtigkeit, Formate zeitunabhängig und ortsunabhängig schauen zu können. Das bedeutet für viele Menschen, Serien überhaupt erst dann zu schauen, wenn es mindestens zwei Staffeln oder 10 Folgen gibt, die sich für einen „Serienmarathon“ eignen.
Die letzte Folge von Breaking Even endet mit dem Versprechen, die Wahrheit zu kriegen.
Bitte halten Sie dieses Versprechen ein und produzieren Sie mindestens eine weitere Staffel, bevor Sie eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Serie treffen.
Mit freundlichen Grüßen