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"Monopoly in Köln"?

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Juergen @noah1245 · Dec 3, 2020

In einem aktuellen facebook-Beitrag (https://web.facebook.com/permalink.php?story_fbid=2586018058355690&id=100008425632253) zitiert der Verfasser (Klaus Jünschke) eines der Ergebnisse der Sondierungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und Volt zur zukünftigen Zusammenarbeit im Rat der Stadt Köln (vom 29. November 2020).

 

Wohnungslosigkeit ist vorrangig durch Prävention zu verhindern. "Housing First" wird fortgesetzt. Langfristig benötigte Unterbringungsmöglichkeiten werden bedarfsgerecht ausgebaut und die Betreuung durch Streetworking wird ausgebaut.

 

Hier will ich zunächst auf die Punkte eingehen, wo ich persönlich und grundsätzlich kein Problem mit habe, und insofern zunächst auch keine Konflikte sehe.

 

  • Wohnungslosigkeit ist vorrangig durch Prävention zu verhindern.
    Das heißt, man muss sich für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum für alle einsetzen. Das heißt auch, man muss sich für einen Mietendeckel, wie beispielsweise in Berlin, einsetzen. Vor allem muss man hier die Nicht-Prüfungs-Grenzen für die Kosten der Unterkunft (KdU) deutlich erhöhen. Für alleinlebende Empfänger*innen von Hartz IV oder Grundsicherung, entsprechend bei Paaren und Familien, muss die Summe auf den Betrag angehoben werden, den die Verwaltung der Stadt Köln den Betreibern der gewerblichen OBG-Betriebe ("Hotels") mindestens zahlt. Das heißt, mindestens 840 Euro (statt bisher 633 Euro (bei alleinstehenden Leistungsempfänger*innen)).

  • "Housing First" wird fortgesetzt.

    Dies darf selbstverständlich nur eine Not-/Zwischenlösung sein. Vorrangig muss das Ziel die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum für alle sein. Hier muss darauf geachtet werden, dass der Gesellschaft und der Politik nichts als "Housing First" verkauft wird, was nicht "Housing First" ist. Das heißt, die Menschen bekommen einen eigenen Mietvertrag, bedingungslos. Das heißt, sie verlieren die Wohnung nicht, wenn sie keine weiteren Unterstützungsangebote annehmen wollen.
  • ...und die Betreuung durch Streetworking wird ausgebaut.

    Zwingend erforderlich. Wobei die Streetworker*innen bei der Stadt Köln zu beschäftigen sind, und nicht ausgelagert bei Akteuren der Armuts- und Hartz-IV-Industrie (Freie (Kirchliche) Träger). Auch müssen sie zu unbequemen Zeiten unterwegs sein. Das heißt an Wochenenden und Feiertagen, Abends.

    Zwingend erforderlich deshalb, weil dies meiner eigenen und persönlichen Meinung und meinem Eindruck nach vor allem ehrenamtliche Initiativen der Obdachlosenhilfe entlasten wird. Die oft mit Situationen konfrontiert sind, wo es meinem Verständnis nach Aufgabe von Streetwork und Sozialarbeiter*innen wäre sich darum zu bemühen.

Jetzt gehe ich auf einen Punkt ein, den ich für falsch und kontraproduktiv und für irreführend halte.

 

  • Langfristig benötigte Unterbringungsmöglichkeiten werden bedarfsgerecht ausgebaut...

    Das ist keine Option. Das ist nicht akzeptabel. Das ist eine Ankündigung der Forcierung des Status Quo. Wie bereits zu Beginn erwähnt, muss das langfristige Ziel die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum für alle sein. Auf dem Weg zu diesem Ziel müssen aber auch folgende Schritte gegangen werden.
    • Keine Verlängerung bestehender Verträge mit Freien (Kirchlichen) Trägern (von Wohnheimen, Betreutem Wohnen) oder gewerblichen Betreibern von OBG-Betrieben ("Hotels"). Prüfung diese vorzeitig zu kündigen. Die Unsummen die man ihnen in den Rachen wirft, kommunalen Wohnungsbaugesellschaften für den Bau von mehr bezahlbarem Wohnraum für alle geben.
    • Änderung der Regelung bei der Verweildauer. Wer einen Platz in einem Wohnheim, im BeWo oder im "Hotel" bekommen hat, sollte so lange bleiben dürfen, bis sie/er eine eigene Wohnung gefunden hat. Langfristig muss man daran arbeiten dass auch diese Zwischenschritte wegfallen. Das heißt, direkt von der Notschlafstelle in die eigene Wohnung.
    • Neuverhandlung der Verträge mit den Betreibern von Notschlafstellen, wenn diese im Eigentum Freier  (Kirchlicher) Träger sind. Beibehaltung nur dann, wenn diese bestimmte Bedingungen erfüllen.
      • Barrierefreiheit (auf dem Gelände, in den Gebäuden, auf allen Etagen)
      • Möglichkeiten der Selbstversorgung für die Bewohner*innen (Küche, Wäsche waschen, WLAN/Internet, Abschließbare Schränke (wo man tagsüber sein Hab und Gut aufbewahren kann))
      • Aufnahme mit Hunden ermöglichen
      • Unterbringung obdachloser Paare ermöglichen
      • mehr Notschlafstellen ausschließlich für Frauen

 

Vor allem - als staatliche Gewalt die Würde der Menschen (der Obdach- und Wohnungslosen) achten und schützen (Art. 1 Abs. 1 GG)

 

Gerade deshalb ist es erforderlich mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, damit die andauernde Entrechtung Obdach- und Wohnungsloser durch die Armuts- und Hartz-IV-Industrie, aber auch durch die Politik und die Verwaltung endlich ein Ende hat. Damit die Menschen selbstbestimmt leben, frei entscheiden können. Dies ist in der Regel in den Unterkünften des Hilfesystem in Köln nicht möglich. Weil man sich anmaßt zu meinen zu wissen welche Bedarfe und Veränderungswünsche die Menschen haben. Weil man sich ihnen gegenüber nicht auf Augenhöhe bewegt, und sie stattdessen rechtswidrig entmündigt, und behandelt wie ein kleines Kind, das von nichts eine Ahnung hat und dem man erst einmal alles beibringen muss. Weil vor allem manche Freien (Kirchlichen) Träger, wenn nicht sogar alle, nichts konkretes dafür tun, dass die Menschen so schnell wie möglich eine eigene Wohnung bekommen, und eher darauf bedacht sind, sie so lange wie möglich in ihrer Abhängigkeit zu behalten.

 

Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 1 GG),

heißt auch, mit den Menschen, das heißt mit den Obdach- und Wohnungslosen sprechen, statt über sie. Teilhabe ermöglichen, statt Ausgrenzung und Diskriminierung zu forcieren. Das heißt?

 

Paritätische Besetzung sämtlicher politischer Strukturen. Auf kommunaler Ebene in Köln unter anderem den Ausschuss Soziales und Senioren, die Stadtarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenpolitik, die Untergremien der Stadtarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenpolitik (Beirat, Fachgruppen Wohnungslosenhilfe). Wo immer Vertreter*innen der Verwaltung, der Politik, der Freien Träger am Tisch sitzen, und sich mit den Themen Obdach- und Wohnungslosigkeit befassen, sind auch Expert*innen, Expert*innen in eigener Sache, das heißt Obdach- und Wohnungslose zu beteiligen.